Sind bei einer Warenlieferung innerhalb der EU zwei Unternehmer (B2B Geschäfte ) beteiligt, spricht man auf der einen Seite von einer innergemeinschaftlichen (ig) Lieferung und auf der anderen von einem innergemeinschaftlichen (ig) Erwerb. Liefert ein Unternehmer an einen Privaten (B2C Geschäfte) oder auch andere Abnehmer, spricht man vom Versandhandel.

Im Weiteren wird das System des Verkaufens und Kaufens zwischen Unternehmern innerhalb der EU beschrieben. Festgehalten werden muss dazu:

  • Es kommen keine Zölle oder lokalen Importvorschriften zur Anwendung – Produkte (EU Waren) können grundsätzlich direkt geliefert werden.
  • Es gibt keine unterschiedlichen Standards oder Zulassungsvorschriften (für EU Waren)!
  • Verbrauchssteuern (wie bspw. Steuern auf Alkohol, alkoholische Getränke, Mineralöle, tw. Kaffee oder Tabakwaren) sind aber NICHT EU-weit harmonisiert. Das Bestimmungsland, sprich der jeweilige EU-Mitgliedsstaat, wo der Verbrauch tatsächlich stattfindet, besteuert diesen nach eigenen Verfahren und Höhe. Mehr dazu finden Sie HIER.
  • Grundsätzlich sind ig Lieferungen auch von der Umsatzsteuer befreit – wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen (s. u.). Sonderbestimmungen gelten auch für verbrauchssteuerpflichtige Waren, den Verkauf von neuen Fahrzeugen und den Verkauf an Nichtunternehmer (z. B. beim Versandhandel) sowie bei Dreiecksgeschäften. Lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag: „Umsatzsteuer in der EU“

Innergemeinschaftliche (ig) Lieferung von Waren

Warenlieferungen zwischen Unternehmern innerhalb der EU sind unter bestimmten Voraussetzungen als ig Lieferung von der Umsatzsteuer befreit. Voraussetzungen für diese Steuerfreiheit bzw. somit die Kategorisierung als ig Lieferung, die allesamt vorliegen müssen, sind wie folgt:

  • Die Ware gelangt gegen Entgelt von einem Mitgliedstaat in einen anderen (tatsächliche Warenbewegung)
  • Der Lieferant (Verkäufer:innen) und der Erwerber (Käufer:innen) sind beide Unternehmer, die die Ware jeweils für ihr Unternehmen verkaufen/kaufen (Achtung: Ggf. könnte einer der Unternehmer als Kleinunternehmer umsatzsteuerbefreit sein, dann liegt die Voraussetzung nicht vor)
  • Der Lieferant oder auch der Erwerber befördert oder versendet die Ware in einen anderen EU-Mitgliedsstaat
  • Angabe und Überprüfung der UID-Nummer (HIER) des Lieferanten und des Erwerbers (samt Bestätigungsverfahren zur UID-Gültigkeit). Mehr dazu auch HIER 
  • Der Erwerb des Gegenstandes ist beim Erwerber steuerbar
  • Die Voraussetzungen für die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung müssen buchmäßig nachgewiesen werden (Buchmäßiger Nachweis gem. VO BGBl Nr 401/1996)
  • Zwingende Zusammenfassende Meldung (ZM) seit 1.1.2020

Führt der Unternehmer sodann eine (steuerfreie) ig Lieferung aus, so hat er in der Rechnung auf die Steuerfreiheit hinzuweisen (formfrei, z. B. „umsatzsteuerfreie ig Lieferung“ bzw. “intra-community supply of goods“), sowie seine UID-Nummer und die UID-Nummer des Abnehmers anzugeben.

Beachten Sie folgende Aufzeichnungspflichten beim Buchnachweis (s.o.):

  1. Name, Anschrift und UID-Nummer des Abnehmers
  2. Name und Anschrift des Beauftragten des Abnehmers in Abholfällen, ggf. auch Spezialvollmacht
  3. Handelsübliche Bezeichnung und Menge des Gegenstandes der Lieferung
  4. Tag der Lieferung
  5. Das vereinbarte Entgelt oder bei der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten das vereinnahmte Entgelt und der Tag der Vereinnahmung
  6. Die Art und der Umfang einer Be- oder Verarbeitung vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet
  7. Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet (Nachweis der Versendung z.B. Frachtbrief)
  8. Bestimmungsort im übrigen Gemeinschaftsgebiet

Innergemeinschaftlicher (ig) Erwerb von Waren

Jeder ig Lieferung steht logischerweise zeitgleich ein ig Erwerb des Kunden im anderen EU-Mitgliedstaat gegenüber. Bei Vorliegen der Voraussetzung (s. o.) stellt der Lieferant demnach eine Netto-Rechnung (mit dem Vermerk „umsatzsteuerfreie ig Lieferung“) an seinen EU-Kunden aus. Bei diesem Erwerber (Warenempfänger) fällt somit ein ig Erwerb an. Die Umsatzsteuer auf diesen Erwerb (kurz Erwerbssteuer) ist im Weiteren vom Empfänger zu berechnen, kann aber (bei Vorliegen der Voraussetzungen s. u.) als Vorsteuer abgezogen werden. Eine Rechnung mit USt-Ausweis ist für den Vorsteuerabzug nicht erforderlich! Der Unternehmer kann somit den Vorsteuerabzug in derselben Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Umsatzsteuererklärung geltend machen, in der er den ig Erwerb besteuert. Der Vorgang ist somit nicht kostenwirksam – es kommt zu keinem Zahlungsfluss sondern zu einer bloßen Aufrechnung am Steuerkonto. Im Prinzip ist die Erwerbssteuer also die Vorsteuer auf EU-Ebene. Da der Lieferant die Lieferung bereits in der Zusammenfassenden Meldung „gemeldet“ hat, muss dies nicht nochmals vom Warenempfänger durchgeführt werden.

Kein ig Erwerb und keine ig Lieferung liegt vor, wenn der Erwerb durch sogenannte „Schwellenerwerber“ erfolgt. Lesen Sie mehr dazu HIER.

Im Gegensatz dazu muss eine ig Verbringung von einem ig Erwerb und einer ig Lieferung abgegrenzt werden. Hier handelt es sich nämlich um:

  • Waren, die der Unternehmer zu seiner eigenen Verfügung,
  • von Österreich in einen anderen EU Mitgliedstaat verbringt/befördert und
  • keine vorübergehende Verwendung vorliegt (Buchnachweis wird geführt) s. u.

 

Eine Verbringung liegt auch nicht vor, wenn der Gegenstand nur vorübergehend (bis 24 Monate) in einen anderen Mitgliedstaat gelangt! Kürzere Fristen sind z. B.:

  • bei Austauschproduktionsmitteln (6 Monate),
  • bei Waren zur Durchführung von Tests und Testwaren (6 Monate) oder
  • bei zur Ansicht gelieferten Waren (6 Monate) vorgesehen.

Der Fall einer vorübergehenden Verwendung ist vom Unternehmer nur aufzuzeichnen, jedoch nicht der Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) und Zusammenfassenden Meldung (ZM) anzubringen.

Intrahandelsstatistik INTRASTAT

Eine Meldepflicht zu Intrastat besteht für jedes österreichische umsatzsteuerpflichtige Unternehmen, wenn die jährlichen Versendungen und/oder Eingänge von Waren in oder aus EU-Ländern derzeit € 1,1 Mio (pro Verkehrsrichtung) übersteigen. Empfänger oder Versender von Waren müssen in Österreich selbst dafür Sorge tragen, dass Meldungen über die Einfuhr bzw. Ausfuhr von Waren an die Statistik Austria durchgeführt werden, wenn die gesetzlich festgelegten Schwellenwerte überschritten werden. Informationen dazu finden Sie HIER.

Dokumente beim Liefern & Erwerben

Die Warenbewegung in einen anderen Mitgliedstaat ist nachzuweisen. Es wird grundsätzlich zwischen Beförderung und Versendung unterschieden. Eine Beförderung liegt vor, wenn der Unternehmer:in (Verkäufer:in) oder Abnehmer:in (Käufer:in) den Gegenstand der Lieferung selbst befördert. Hier muss der Verkäufer:in in seiner Buchhaltung folgende Nachweise führen:

  • eine Durchschrift der Rechnung,
  • einen handelsüblichen Beleg aus dem sich der Bestimmungsort ergibt (z. B. Lieferschein),
  • eine Empfangsbestätigung des Abnehmers bzw. in den Fällen des Transportes durch den Abnehmer eine Erklärung des Abnehmers, dass er den Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördern wird.
  • Zusätzlich ist im Beförderungsfall durch den Abnehmer die Identität des Abholenden festzuhalten (z. B. Kopie des Führerscheins) und vom Abholer eine Vollmacht des Inhabers der UID-Nummer vorzulegen, dass diese Person zur Abholung berechtigt ist.

Im Versendungsfall (Transport durch Spedition, Post, Bahn etc., wobei es egal ist ob der Lieferant oder der Käufer den Transport organisiert und/oder bezahlt) muss der Versender die Verbringung der Ware durch Dritte mittels Versendungsbeleg nachweisen. Hier kommen insbesondere Frachtbriefe (CMR), Postaufgabebescheinigungen oder Speditionsbescheinigungen in Betracht bzw. deren Doppelstücke (keine Kopien).

Mehr Informationen und Muster zu einer umfassenden Abhol- und Verbringungsbestätigung erhalten Sie im Exporthandbuch der Außenwirtschaft Tirol.

Versandhandel

Liefert ein Unternehmer an vor allem Private (B2C Geschäfte) und andere (spezielle) Abnehmer, spricht man vom Versandhandel. Abnehmerkreis im Versandhandel können folgende Käufer sein:

  • Private (Konsumenten:innen),
  • Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben,
  • Schwellenerwerber (die auf die Anwendung der Erwerbsschwelle NICHT verzichtet haben und diese Schwelle auch nicht überschreiten);
    Schwellenerwerber sind Unternehmer,

      • die nur steuerfreie Umsätze ausführen, die zum Vorsteuerausschluss führen (z. B. Kleinunternehmer)
      • pauschalierte Landwirte
      • juristische Personen, die nicht Unternehmer sind (z. B. Kammern, Gemeinden)
      • Kleinunternehmen

Werden Gegenstände aus einem EU-Land in ein anderes EU-Land durch einen österreichischen Lieferanten oder seinen Beauftragten befördert oder versendet, so ist die Lieferung dort zu versteuern, wo die Beförderung oder Versendung beginnt (also in Österreich). Überschreitet der liefernde Unternehmer im jeweiligen Bestimmungsland die Lieferschwelle, so kommt die Versandhandelsregelung zur Anwendung. Der Lieferort verlagert sich an jenen Ort, an welchem die Beförderung oder Versendung endet (also in den Bestimmungsmitgliedstaat). Die Berechnung der Lieferschwelle ist für jedes Mitgliedsland gesondert vorzunehmen.

Ab 1.1.2021 kam es zu Änderungen beim ig Versandhandel. Das betrifft vor allem: Wegfall der Lieferschwelle, Erleichterungen für Kleinunternehmer, Meldung der ausländischen Umsätze durch das EU-OSS / IOSS, Einbeziehung der Plattform als Lieferer etc. Diese Regelung gilt für Umsätze, welche nach dem 30. Juni 2021 ausgeführt werden. Gerne informieren wir Sie dazu.

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Hier finden Sie einige Hilfestellungen zum Thema in unserem Fact Sheet, der Check- und Linkliste: